Rückblick: Vernetzungstreffen Moers 2018

Knapp 30 Personen aus 16 Reparatur-Initiativen (u.a. Aus Moers, Neuss, Bonn, Dinslaken, Lohmar, Aachen, Siegburg, Rheinberg, Oberhausen und Duisburg) tagten am 16. Juni auf Einladung des Reparatur Cafés Moers-Hülsdonk in der Begegnungsstätte Haus am Schwanenring und tauschten sich zu unterschiedlichen Themen rund ums Organisieren und Durchführen von Reparaturveranstaltungen aus. Schon die Vorstellungsrunde lieferte Inspiration für neue Ideen, als einzelne Initiativen von ihrem "ausgeweiteten" Repair-Café-Angebot berichteten, das z.B. um eine Tauschbörse für ausgediente Elektrogeräte, einen Nachhaltigkeitsaktionstag, Upcyclingangebote oder spezielle Themenveranstaltungen wie "Smartphone einfach erklärt" ergänzt ist. Mit solchen Sonderaktionen und einer Ausweitung des gemeinsamen Reparierens können nicht nur neue Gäste  und Zielgruppen angesprochen werden, sondern auch interessante neue Aufhänger für die Pressearbeit geschaffen werden.

 

Inspiration aus anderen Initiativen

 

Hinrich Kley-Olsen, Gastgeber und Leiter der Begegnungsstätte, betonte im Anschluss in einem kurzen Impuls die Bedeutung der sozialen und emotionalen Dimension des gemeinsamen Reparierens und gab den Anwesenden die Frage mit auf den Weg, wie man den Gesprächs- und Kontaktbedarf hinter dem Reparaturanliegen wahrnehmen und angemessen aufgreifen kann, um mit dem Reparatur Café ein ganzheitliches Angebot zu machen, das nicht nur auf die kaputten Gegenstände beschränkt bleibt. Eine Teilnhemerin betonte die Wichtigkeit des "Café"-Bereiches und der dort Mitwirkenden – hier kann leichter ein offenes Ohr zum Zuhören geschenkt werden, als vielleicht beim Reparieren, das häufiger die volle Konzentration fordert. Ebenfalls kann das Team gemeinsam überlegen, wie stressige Situationen bzw. hoher Zeitdruck mit vielen Reparaturen organisatorisch entschärft werden können, um mehr Zeit für zwischenmenschliche Zuwendung zu schaffen – gleichzeitig liegt ein solcher Austausch nicht jedem Mitreparierenden und sollte nicht zur Verpflichtung erhoben werden.

 

Im Anschluss berichtete Oliver Jantz vom Duisentrieb e.V. von den Erfahrungen mit (hauptsächlich) kommunalen Institutionen, die verschiedene Türen und Möglichkeiten öffneten, an neuen Orten und mit neuen Zielgruppen zu reparieren. Grundsätzlich zeigte sich das Repair Café offen für Anfragen von außen, die z.B. von den Abfallwirtschaftsbetrieben, lokalen Hochschulgruppen, Grundschulen oder dem Umweltamt gestellt wurden und interessante Kooperationen ergaben – von Reparaturaktionen an Schulen, über regelmäßige Reparaturtermine im Recyclingzentrum, einen Makerday an der Volkshochschule bis hin zu einem nun anlaufenden Werkstattangebot im Kontext eines städtischen Wohnbauprojekts, das nicht nur digitale/technische Bildung für Jugendliche, sondern eben auch einen offenen Ort für gemeinsames Reparieren umfasst.

 

Austausch I: Organisator*inische Abläufe

 

Am Nachmittag drehte sich eine große Austauschrunde dann um die organisatorischen und logistischen Abläufe bei Anmeldung und Verteilung der eintreffenden Gäste und mitgebrachten Geräte sowie über die Grenzen des Leistbaren im ehrenamtlichen Kontext: Eine Voranmeldung sehen die meisten Projekte nicht als notwendig an, dafür sind die Empfangspersonen, die die Gäste begrüßen, besonders wichtig. Sie moderieren nicht nur den vielleicht großen BesucherInnenansturm, sondern vermitteln auch zwischen Café, Reparaturstationen und Anliegen der Gäste, haben einen Blick auf freie Kapazitäten bei den Reparaturhelfer*in*innen, erklären gleichzeitig den Gästen das Konzept und warum vielleicht nicht unbedingt die Reihenfolge der Anmeldung eingehalten wird etc. Gleichzeitig ist flexibles Agieren und aufeinander Abstimmen und Unterstützen der Reparierenden wünschenswert, indem man Hilfsbereitschaft signalisiert oder auch direkt anbietet, oder vielleicht auch eine bereits zugeordnete Reparatur tauscht, weil sie bei den Kompetenzen eines anderen Mitwirkenden besser aufgehoben sind. Dafür ist ein guter Teamzusammenhalt, enge Abstimmung und gemeinsames Verständnis des Konzepts Voraussetzung – was gut mit einem gemeinsamen Frühstück oder Nachklang vor oder nach der öffentlichen Veranstaltung oder auch einem regelmäßigen teaminternen Repair Café gefördert werden kann.
Um den Cafébereich zu vergrößern und die KuchenbäckerInnen zu entlasten, kann eine Kooperation mit Foodsharing eine gute Möglichkeit sein, um nicht nur umsonst an Lebensmittel zum Verschenken zu gelangen, sondern diese Nahrungsmittel auch vor dem Wegwerfen zu bewahren – ganz im Sinne des Repair-Café-Gedankens, in dem Fall umformuliert zu "Retten, statt wegwerfen!"

Nicht nur eine solche Kooperation kann ein neuer Aufhänger für die Kommunikation sein – folgende Ideen wurden gesammelt, um das Reparatur-Angebot mit weiteren nachhaltigen Ansätzen zu erweitern, neue Zielgruppen anzusprechen und interessante News für die Pressearbeit zu schaffen:

  • Reparaturveranstaltungen zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten anbieten (z.B. Rasenmähermesser schleifen oder Smartphone erklären – hier hat sich mancherorts auch das Konzept „Jung erklärt alt“ bewährt)
  • Upcyclingangebote können für kleine BesucherInnen ein schöner Zeitvertreib sein, oder auch eine Bastelstation für z.B. Bienenhotels.
  • An einer Klebestation können eigenständig kleine Reparaturen durch die Gäste vorgenommen werden, auch mit Spezialklebern, die man zuhause vielleicht nicht vorrätig hat.
  • In Kooperation mit einem FabLab oder einer Offenen Werkstatt kann ein 3D-Drucker vor Ort eine spannende Sache sein – eher zum Demonstrieren und Anschauen, da das Konstruieren und Drucken einen gewissen Zeitaufwand mit sich bringt. Das sustainable design center e.V. beschäftigt sich gerade damit, wie das Know-How zu 3D-Druck und der Bedarf von Reparatur-Initiativen verbunden werden kann.

 

In Siegburg hat sich neben dem Reparatur-Café ein Textil- und Nähcafé formiert, das den Schwerpunkt auf Textilreparaturen hat und ein gut besuchtes Angebot ist – denn es stellt mehrere Nähmaschinen zur Nutzung bereit und bietet damit eine Infrastruktur zum Selbermachen, die nicht jede*r für sich zuhause anschaffen möchte. Gerade im Textilbereich sind die Grenzen zwischen Reparieren, Upcyceln, Neues herstellen fließend und auch die Herangehensweise ans Reparieren kann unkonventioneller und kreativer erfolgen – Stichwort: #mending. Ein solches Nähangebot ist gleichzeitig eine gute Möglichkeit, Hilfe zur Selbsthilfe in die Tat umzusetzen und zum Selbermachen anzuleiten. (Um keine Konkurrenz zu lokalen Änderungsschneidereien zu bilden, können klassische Änderungsarbeiten wie Hosenbeine kürzen auch bewusst ausgeschlossen werden – oder eben der Gast beim eigenständigen Arbeiten begleitet werden.)

 

Dies ist gleichzeitig auch ein Beispiel für Grenzen des ehrenamtlichen Reparierens – es schadet nicht, als Initiative ein Blick auf die lokalen Dienstleister zu werfen und abzuschätzen, ob man mit manchen Angeboten diesen Aufträge wegnimmt. Manchmal kann es hilfreich sein, das Gespräch zu suchen und vielleicht kommt es dann auch zu Kooperationen mit bspw. dem Fahrradhändler, zu dem man die Gäste mit Ersatzteilbedarf schicken kann.
Auch manche speziellen Gerätetypen berühren die Grenzen des (sicher) Machbaren im Reparatur-Café: So schließen Initiativen u.a. die Reparatur von Kaffeevollautomaten, Mikrowellen, medizinischen Geräten, Haushaltsgroßgeräten, (Laser-)Druckern oder Flachbildschirmen aus, und reparieren nicht, wenn Geräte noch in der Garantiezeit oder stark verschmutzt sind. Einig sind sich alle, dass der Gast mit in die Reparatur einbezogen werden sollte – mindestens, indem er oder sie während der Reparatur mit dabei ist, vielleicht kann er/sie das Gerät auch festhalten oder selbst Schrauben öffnen, die Erklärungen des Reparierenden verfolgen und je nach eigenem Verständnis auch weitere Handgriffe unter Anleitung des Reparturhelfers vornehmen.

 

Austausch II: Neue Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit

 

Zum Abschluss des Vernetzungstages fanden zwei parallele Runden statt: Ein Teil der Gruppe beschäftigte sich damit, neue Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit zu sammeln:

  • Was ist das Ziel, was wollt ihr mit der Öffentlichkeitsarbeit erreichen? Mehr Mitglieder für die Initiative, Besucherzahl erhöhen, Reparaturcafé bekannter machen, neue Zielgruppen erreichen (als Besucher, als Mitglied), Lust zur Mitarbeit machen, Angebote bekannter machen, „Seriosität“ verbessern, Identität als Quartiersprojekt stärken
  • Welche Erfahrungen habt ihr bereits gemacht, welche Ideen habt ihr dazu? In Ordnung bis hin zu verfälschten Infos in Artikeln, mit PressevertreterInnen regelmäßig im Gespräch bleiben ist wichtig, immer mal wieder neue Aufhänger bieten, positives Feedback von Nachbarn, auch TV-Beiträge möglich, z.B. WDR Markt, Arbeitsteilung schwierig, eigener Internetauftritt, „genial einfach, einfach genial“, z.B. mit Jimdo oder „Duisburger Werkkiste“, Ankündigung der Termine über „Jodel“, gut um eher Studenten zu erreichen

 

Das Brainstorm zeigt, dass es meist ganz unterschiedliche Ziele gibt, die man durch Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen versucht. Je nachdem welche Ziele man verfolgt, ist es wichtig, die richtige Strategie zu nutzen. Es lohnt sich dies innerhalb der Gruppe zu besprechen und dann auch einzelne Personen benennen, die sich vermehrt um die Themen kümmern und dies gerne tun.
Allgemein gilt, Öffentlichkeitsarbeit ist der Kontakt und die direkte Ansprache der Öffentlichkeit, das kann über „klassische Kanäle“ wie Postkarten, Flyer, Plakate erfolgen oder auch über die sozialen Medien geschehen. Es geht darum, die Initiative bekannt zu machen, einzelne Veranstaltungen zu bewerben, Spender zu finden etc.. Je nachdem welche Zielgruppe man ansprechen möchte, sollten unterschiedliche Kanäle oder Orte gewählt werden. Es gab z.B. gute Erfahrungen damit Plakate und Flyer bei örtlichen Betrieben, dem Bäcker, dem Metzger auszulegen. Meist heißen diese ortsansässigen Geschäfte engagierten Initiativen aus der unmittelbaren Nachbarschaft willkommen, darüber hinaus verfügen diese über eine große und breite Zielgruppe. Jüngere Menschen sind oft besser über Facebook etc anzusprechen.
Pressearbeit ist ein Baustein von Öffentlichkeitsarbeit, bei der der Kontakt zur Öffentlichkeit aber über Dritte,  die Medien (Journalisten, Rundfunk, Fernseher) läuft. Der Unterschied ist, das dadurch gleich viel mehr, und vor allem eine viel größere Zielgruppe angesprochen werden kann. Während man durch die Sozialen Medien oder das Auslegen von Flyern meist Freunde, Nachbarn, Freunde von Freunden erreicht, können über eine Pressebericht gleich viel mehr und vor allem andere Menschen angesprochen werden.

 

  • Was könnten Aufhänger sein, immer wieder, auch als regelmäßig stattfindendes Reparatur-Café in die Medien zu kommen? Verschiedene Themenschwerpunkte, z.B. Rasenmäher schärfen, Fahrrad-Check, Kürbis schnitzen, Smartphone erklärt, Nähmaschinen-Spezial, Reparatur-Café spart CO2-Emissionen, die Reparatur des Monats, die Menschen dahinter porträtieren, Jubiläum, 2000te Reparatur, …
  • Welche Netzwerke können aufgebaut, welche Kooperationen können eingegangen werden?
    - Kuchenbäcker suchen, Schüler-AG oder Landfrauen im Ort ansprechen
    - Örtlicher Entsorger ansprechen, Woche der Abfall-Vermeidung nut6zen, Schadstoff-Mobil während des Reparatur-Cafés, Kann man mit in den Abfallkalender eingetragen werden? Kann eine Wertstofftonne aufgestellt (und abgeholt) werden?
    - Wenn man als Reparatur-Café sowieso mobil repariert, Werkzeug von Zuhause mitbringt…wieso nicht mal im Rathaus reparieren, an einer Schule…hier wieder Aktionstage und Themenwoche der Stadt nutzen.
    - Unis oder Hochschulen ansprechen, vielleicht gibt es Kurse und Seminare, die einen Flyer oder eine Broschüre entwickeln und designen wollen?
    - (Nachhaltigkeits)-Akteure der Stadt einbinden (BUND Gruppen, Lokale Agenda, Quartiersmanager, foodsharing-Gruppen, Nachbarschaftsinitiativen, …diese können die Veranstaltung mit ankündigen, über deren Verteiler verteilen, evtl. ergeben sich aber auch noch mehr Schnittstellen, z.B. foodsharing liefert Essen für das Reparatur-Café, Räumlichkeiten können genutzt werden usw.

 

Weitere Ideen und Notizen:

  • Verteilerliste erstellen, einfach bei jeder Veranstaltung auslegen und so kann man z.B. Sonder-Aktionen, Termine, Ankündigungen wie z.B. „Reparaturhelfer*in gesucht“ an eine - hoffentlich wachsende - Liste an Stammgästen per Rundmail schicken. Achtung: BCC- Black Copy, sodass jeder nur seine eigene Adresse als Empfänger sieht. Achtung Datenschutz-Verordnung DSGVO!
  • Abfrage im Laufzettel/ Anmeldung: „Wodurch habt ihr von dieser Veranstaltung erfahren ? → Multiple-Choice- Kästchen: Zeitung, Mund zu Mund, Flyer, ….. Durch dieses Feedback kann man seine Öffentlichkeitsarbeit gut anpassen. Diese Abfrage – oder eine andere- kann auch auf einem Plakat im Reparatur-Café aufgehängt werden und die Gäste stimmen mit Klebepunkten o.ä. ab
  • Hier findet ihr nochmal eine erste Hilfestellung, was man bei der Pressearbeit beachten sollte, wie eine Pressemitteilung aussieht und wie man mit Journalisten umgeht (Quelle: MehrWert NRW)
  • Akteure wie Quartiersmanager und Nachbarschaftsgruppen einbeziehen, diese für die Idee eines Reparatur-Cafés begeistern
  • Café-Gedanke und auch die Möglichkeit der Begegnung im Reparatur-Café betonen „Kaffee trinken und nebenbei Reparieren“
  • Wenn es in einer Stadt mehrere Reparatur-Initiativen gibt, kann man auch einen Flyer basteln, der in allen Veranstaltungs-Orten ausliegt und man als Gast auch von den anderen Cafés erfährt, und so weiß, wann das nächste Mal und wo repariert wird, z.B. in Bonn.

 

Austausch III: DSGVO

 

Zeitgleich widmete sich der andere Teil der Teilnehmenden der neuen Datenschutz-Grundverordnung. Daten waren auch schon vor dem berüchtigten 25. Mai 2018  angemessen zu schützen, neu ist jedoch die Opt-In-Regelung für denjenigen, dessen Daten erhoben werden. Er muss ausdrücklich (=schriftlich) in die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung einwilligen und diese Einwilligung jederzeit widerrufen können. Dies bezieht sich sowohl auf digital als auch auf analog erhobene Daten. Die Einwilligung ist vorab und gesondert einzuholen – sie kann durchaus z.B. auf dem Haftungsbegrenzungsformular mit angeführt sein, sollte jedoch grafisch sichtbar abgesetzt sein. Grundsätzlich sind Daten möglichst sparsam zu erheben – prüft also, ob ihr wirklich Name und Anschrift des Gastes auf dem Laufzettel festhalten und archivieren müsst oder ob Kontaktdaten für weitere Absprachen, Ersatzteilbestellung etc. nicht vielleicht auch privat zwischen Gast und Reparaturhelfer*in*in ausgetauscht werden können.
Verschafft euch einen Überblick, wo ihr welche Daten zu welchem Zweck erhebt und stellt ein schriftliches Verarbeitungsverzeichnis dieser Prozesse auf. Überlegt im Team, wie ihr mit der Datenverarbeitung umgeht, die Sicherheit der Daten sicherstellt, wie ihr eine Datenpanne identifizieren könnt und danach dann handelt. Wichtig ist es, einen Datenverantwortlichen zu benennen (Im Verein ist das der Vorstand), gerade auch als Initiative ohne Rechtsform solltet ihr euch darüber verständigen, wer die Verantwortung für den Datenschutz trägt (Damit ist kein Datenschutzbeauftragter gemeint, den ihr erst braucht, wenn mindestens 10 Personen regelmäßig mit der Verarbeitung der Daten befasst sind.)

Die wichtigsten Punkte, mit denen sich Reparatur-Initiativen befassen sollten, sind hier zusammengefasst – dort findet ihr auch das Webinar mit Thomas Kranig, dem Präsidenten des bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht.

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