Vernetzen und Verweben: Workshop und Austausch Textilreparatur

Reparaturcafés werden oft hauptsächlich mit dem Wiederherstellen von Elektrogeräten oder mechanischen Defekten in Verbindung gebracht. Dass bei den meisten Veranstaltungen auch Textilreparaturen möglich sind, findet selten gleichberechtigte Aufmerksamkeit. Dabei verdient dieser Bereich aus ökologischen und ressourcenschützenden Gründen mindestens den gleichen Raum.

 

Ein Blick auf unsere gobale Textilproduktion und -verwertung offenbart kaum Gutes

 

In Bangladesch oder Kambodscha, wo ein Großteil der international verkauften Mode hergestellt wird, leiden die Menschen unter verunreinigtem Trink- und Grundwasser. Haut-, Nerven und Krebserkrankungen häufen sich in Gebieten, wo Färbe- und Gerb-Betriebe angesiedelt sind. Die Lebensbedingungen rund um solche Produktionsstätten sind meist ohnehin schwer, die Arbeit in den Textilbetrieben ist für viele Einheimische zumindest ein Ausweg aus dem Hunger. Doch dafür nehmen sie bis zu 14-stündige Arbeitstage und die Trennung von ihren Kindern in Kauf, genauso wie kaum Arbeitsschutz oder Arbeitsrechte zu haben. Im Schnitt verdienen sie unter diesen Bedingungen dann nur rund 9 ct pro Stunde. Ihr niedriger Lohn wiederum ermöglicht es großen Modeketten, Jeans für 30-50 ct pro Stück produzieren lassen. Diese werden in Westeuropa, Japan oder den USA später für unter 30 € verkauft. Dieser Preis macht sie in den Augen vieler Menschen zu einer Art kurzweiligem Wegwerfartikel – fast fashion – was für hohe Absatzzahlen sorgt. Gleichzeitig kommt der Recycling-Kreislauf mittlerweile an seine Grenzen: Da der Anteil beigemischter Kunstfasern in den Geweben (weil günstig verfügbar) immer mehr zunimmt, verschlechtert sich die Qualität der Kleidungsstücke – der Weiterverkauf als 2nd-Hand-Ware lohnt sich immer weniger, dieser wichtige Sekundär-Handel nimmt ab. Hinzu kommt, dass die Märkte für Gebrauchtkleidung in Osteuropa und Afrika zunehmend gesättigt sind. Der steigende Kunstfaseranteil erschwert auch die Weiterverwertung weggeworfener Kleidung als Putzmaterialien in der Industrie. Mikroplastikpartikel, die sich im Waschvorgang aus den Kunstfasern lösen, belasten zunehmend die Gewässer. Und nicht zuletzt ist fast fashion ein relevanter CO2-Treiber: durch globale Produktionsketten mit vielen Zwischenwegen von Materialproduktion über Veredelung, Verarbeitung, Verkauf und Entsorgung bzw. Recycling.

 

Dauerte es vor einem halben Jahrhundert in der Modewelt noch sechs Monate vom Entwurf über die lokale Fertigung bis zum Verkauf von Kleidung für jährlich zwei Kollektionen, fluten heute über 50 Kollektionen im Jahr den Markt, spülen fast wöchentlich neue Waren in die Läden und Lager. Eine Entwicklung, die die Arbeitsbedingungen in den produzierenden Schwellenländern immer weiter verschärft. Denn die global agierenden Kleidungs-Konzerne kaufen hier Textildienstleistungen nur billig ein, statt Waren in eigenen Fabriken mit eigenen Angestellten selbst zu produzieren. Somit übernehmen sie auch keine Verantwortung für die Arbeitsbedingungen, unter denen die von ihnen vertriebene Kleidung hergestellt wird. Und sie können Preise immer weiter drücken – immer findet sich noch ein Auftragnehmer, der ein günstigeres Angebot macht. Wodurch die Löhne der in den Textilfabriken Arbeitenden (zu 85% Frauen) in der Folge immer weiter gekürzt werden.

 

Rana Plaza 2013 - Auswirkungen auf die Produktion heute?

 

Am 24. April 2013 ereignete sich das bist dato größte Unglück in der Textilindustrie: Rana Plaza ist eine Textilfabrik in einem Vorort von Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, eine von unzähligen in der Welt, wo unter fragwürdigen Umständen in großen Mengen Kleidung hergestellt wird – zu grotesk niedrigen Preisen. An besagtem Tag vor acht Jahren stürzte Rana Plaza ein, ein achtstöckiger Bau, in dem dicht an dicht gearbeitet wurde – 1136 Menschen starben, über 2000 wurden verletzt. Tage vor dem Unglück hatten Arbeiter*innen die Fabrikleitung noch auf Risse im Gebäude aufmerksam gemacht. Doch das änderte nichts: Die Waren für bekannte Labels wie Primark, Benetton, Mango, C&A, KiK und Adler wurden weiter produziert, die Gefahren ignoriert.
Die Bilder der Staub umhüllten Fabrikruine und der verzweifelten Menschen, die zwischen Trümmern nach Angehörigen suchten, gingen weltweit durch die Medien. Auf besonders schreckliche Weise machten sie die Probleme der globalen Textilindustrie sichtbar: Es sind die Arbeiter*innen, die für Billigproduktion bezahlen. Hier, wie auch andernorts, oft sogar mit ihrem Leben; früher oder später. Dennoch hatte der Fabrikeinsturz kaum nachhaltige Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen in Schwellenländern und die globale Textilproduktion. Noch immer wird in der Breite nach dem Prinzip fast fashion Kleidung produziert, verkauft, gekauft. Und entsorgt. Die Nähmaschinen surren weiter – nähen viel zu viele viel zu billige Kleidungsstücke.

 

Umso wichtiger, dass wir uns privat wie in den Reparatur-Initiativen auch mit unserem Textilkonsum und -nutzen beschäftigen: Welche Kleidung kaufen wir – und wo? Wo und wie ist diese produziert? Woraus besteht sie? Und wie können wir sie möglichst gut pflegen, um sie lange zu tragen? Wie können wir Schäden gut reparieren? Wie können wir ausgediente Textilien weiterverarbeiten und ihnen ein neues Leben schenken, um die Recyclingkreisläufe zu entlasten?

 

Vernetzen & Verweben: Workshop & Austausch

 

Am Dienstag, 9. Februar, laden wir deswegen Textilreparateur*innen zu einem Workshop- und Austauschabend ein. Das Team der Räubersachen wird einige textile Handreparaturtechniken vorstellen. (Dazu bitte  ein reparaturbedürftiges Teil aus dünnerer Strick- oder Webware, sowie passendes Garn, Nadel und Schere bereithalten.) Wir möchten uns zu Techniken und Tipps austauschen, nebenher handarbeiten und eigene Reparaturarbeiten durchführen und uns vernetzen. Gib diese Informationen gerne an andere Interessierte aus deinem Netzwerk weiter!

VERNETZEN UND VERWEBEN: TEXTILREPARATUR
Workshop & Austauschabend
Dienstag, 9. Februar
19-21 Uhr
>>> Zugang: Hier klicken. <<<

Zum Reparieren bitte Textilien aus feiner Strick- oder Webware (keine Jeans!) mit nicht zu großen Löchern bereitlegen, sowie passendes Garn, Nadel und Schere. Je feiner das Gewebe, desto dünner sollten Nadel und Garn sein. Für erste Versuche lieber nicht das edelste Stück im Schrank wählen... ;-)

 

Fotos: Film Stills aus der Dokumentation "The True Cost"

 

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