Warum gibt es zwei Repair-Café-Netzwerke bzw. -Plattformen?

Neben www.reparatur-initiativen.de, die von der anstiftung gegründete und betreute Netzwerk-Plattform, gibt es auch www.repaircafe.org, die von der Stichting Repair Café aus Holland betrieben wird.

Sind das zwei konkurrierende Netzwerke? Nein, denn Konkurrenz entspringt einer Marktlogik. Das Netzwerk Reparatur-Initiativen setzt auf Kooperation, die Logik der Commons. Die anstiftung, durch die das Netzwerk betrieben wird, unterstützt Reparatur-Initiativen nicht als Marke oder Logo, sondern arbeitet mit Akteur*innen und Initiativen freier Assoziation und Namensgebung zusammen, die zu einer commons-basierten Kultur der Nachhaltigkeit und des gemeinschaftlichen Selbermachens beitragen wollen.

 

Aus dieser Haltung heraus bot die anstiftung der holländischen Stichting 2013 an, ihre Beratungs-, Vernetzungs-, Verbreitungs- und Fördertätigkeit rund um das Thema Reparatur-Initiativen in Deutschland auch „offiziell“ als „Koordinierungsstelle Repair Café Deutschland“ auszuüben. Die Idee dahinter war, dem neu aufkeimenden Interesse am gemeinschaftlichen Reparieren weiter Schub zu geben und im Schulterschluss mit Stichting gemeinsam ein starkes Netzwerk von Reparatur-Initiativen aufzubauen. Da die verschriftlichten Hilfsmittel von Martine Postma gut und nützlich sind, verzichtete die anstiftung darauf, eigene Materialien zu produzieren und wollte verbreiten und stärken, was bereits im Umlauf war. Anfangs war das Informationspaket der Stichting auch kostenfrei erhältlich. Als „Koordinierungsstelle Repair Café Deutschland“ hat die anstiftung ihren Arbeitsbereich jedoch nur einige Monate bezeichnet und hat die Kooperation mit Stichting Ende 2014 wieder beendet. Zu unterschiedlich haben sich die jeweiligen Prioritäten entwickelt:

 

  •  Digitale Informationen zu verkaufen, deren Vervielfältigung keine Kosten erzeugt, ist nicht der Weg, den die anstiftung für richtig hält. Warum diejenigen zur Kasse bitten, die ihre Zeit und ihr Engagement unentgeltlich für eine gute Sache investieren? Das Informationspaket der Stichting kostete zum Zeitpunkt unserer Zusammenarbeit 45 EUR. Die vom Netzwerk Reparatur-Initiativen zusammengestellten Materialien sind kostenfrei.
  • Eine Bildmarke und ein Begriff sind gut und hilfreich, wenn diese Hilfsmittel frei zur Verfügung gestellt werden, um den lokalen Initiativen Arbeit abzunehmen, wenn sie das wünschen. Etliche verwenden gerne das Signé und den Begriff. Dieses aber verpflichtend vorzuschreiben und nur diejenigen auf einer Plattform aufzuführen, die sich Repair Café nennen und das Logo der Stichting verwenden, beschränkt Kreativität und Freiheit unnötig.

 

Die anstiftung unterstützt Initiativen, die nicht-kommerziell tätig sind und Hilfe zur Selbsthilfe verwirklichen, ganz gleich, welchen Namen sie sich geben oder welches Logo sie verwenden. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die wachsende Community von Initiativen dort zu unterstützen, wo es Sinn macht. Die Plattform www.reparatur-initiativen.de bietet neben kostenfreien Informationen und Materialien zu Gründung und Betrieb eines Reparaturtreffs auch eine Karte und einen Terminkalender, damit Interessierte Veranstaltungen in ihrer Nähe und Informationen zu den lokalen Initiativen finden können. Alle Interessierten können sich auf der Seite registrieren und sämtliche Funktionen nutzen. Die Website ist sowohl Informationsmedium als auch Organisationsplattform für ein sich entwickelndes Netzwerk, das untereinander in produktiven Austausch treten und Anknüpfungspunkte für eine interessierte Gesellschaft entwickeln will. Zudem unterstützt und organisiert das Netzwerk Reparatur-Initiativen auch lokale, regionale und bundesweite Informations- und Austauschtreffen. Die Internetplattform ist ein digitales Hilfsmittel für die Mensch-zu-Mensch-Begegnungen in der realen Welt.

 

Ziel ist weder der Aufbau einer Marke noch eines Franchise-Systems unter dem Begriff und dem einheitlichen Erscheinungsbild Repair Café. Die anstiftung sieht die Bedeutung der Bewegung nicht im Wiedererkennungswert eines proprietären Logos oder Markennamens, sondern vielmehr in der vielfältigen Praxis des gemeinschaftlichen, nicht-kommerziellen Reparierens als tatkräftige Bewegung. Repair Café versteht sie als Bezeichnung einer Praxis, die getragen wird von vielen Akteur*innenen vor Ort. Sie ist sowenig patentier-, schütz- oder lizenzierbar wie 'Kindergeburtstag feiern' oder 'Marmelade einkochen' und kann unter verschiedenen Bezeichnungen stattfinden: Café Kaputt, Elektronikhospital, Technik-Sprechstunde, Reparatur Café, reparierBar oder Schraube 14. Repair Café ist meist kein konkreter Ort, sondern eine temporäre Veranstaltung und insbesondere die Bezeichnung einer sozialen, gemeinschaftlichen Praxis. Klarheit hat hier ein Rechtsgutachten geschaffen, das die anstiftung in Auftrag gegeben hat. So lautet die Einschätzung der Juristen: "[…] Es ist Reparatur-Initiativen erlaubt, für ihre Tätigkeit die Bezeichnung „Repair Café“ zu benutzen sowie hierzu auch ein eigenes Logo, welches ausreichend Abstand zu der eingetragenen Wort-/Bildmarke der Stichting Repair Café hält, zu verwenden."

Urheberrechtsschutz besteht lediglich für den Begriff Repair-Café in Verbindung mit einer bestimmten Erscheinungsform, d.h. mit diesem einen spezifische Logo. Die Schrift Curlz, die in diesem Logo verwendet wird, ist Freeware, d.h. öffentlich und kostenfrei nutzbar. Auch die Icons, die im Logo zu finden sind, gehören in diese Sparte kostenfrei nutzbarer, digitaler Allmende. Es ist widersprüchlich, einerseits Commons zu nutzen, andererseits daraus proprietäre „Produkte“ herzustellen und zu vermarkten; denn das ist es, was Stichting mit den Bedingungen an den Versand der Materialien verknüpft: Marktlogik. Und diese steht in starkem Widerspruch zu den formulierten Werten (Nichtkommerzialität, Hilfe zur Selbsthilfe), die mit diesem Vorgehen angeblich geschützt werden sollen.

Jedwede Modifikation und Anpassung von Wort, Schrift und Bild des Logos des Netzwerk Reparatur-Initiativen oder Teilen davon stehen den NutzerInnen frei zur Verfügung, sofern die Verwendung nicht-kommerziell im Rahmen ehrenamtlicher Reparatur-Projekte geschieht.
 

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