Repara/kul/tur - Erster Workshop für die citizen scientists

Warum reparieren wir? Was machen wir beim Reparieren und was macht das Reparieren mit uns? Warum macht Selbermachen glücklich? Mit welchen (selbstgemachten/-reparierten) Dingen umgeben wir uns, welche Rolle spielen diese Dinge in unserem Leben und welche Beziehung haben wir zu ihnen? Solchen und ähnlichen Fragen möchte das Citizen-Science-Projekt „Repara/kul/tur“ nachspüren und gemeinsam mit BürgerInnen neue Wege für wissenschaftliche Methoden finden, die jenseits von Zahlenerhebungen oder Interviewreihen liegen. Der Mensch soll sich selbst be- und erforschen, könnte man sagen.

Los ging‘s für die BürgerforscherInnen aus und rundum München, die sich beim Projekt „Repara/kul/tur“ beteiligen, mit dem ersten Forschungsworkshop Anfang Mai im Haus der Eigenarbeit. Eine bunt gemischte Runde aus langjährigen und ganz neuen NutzerInnen der HEi-Werkstätten, Mitwirkende aus verschiedenen Reparatur-Cafés und einige weitere neugierige SelbermacherInnen und begeisterte Reparierende hatte sich eingefunden, um das Projekt näher kennen zu lernen und gemeinsam mit den WissenschaftlerInnen die geplanten Methoden zu diskutieren. Schon in der Vorstellungsrunde teilten die Aktiven lustige oder rührende Anekdoten aus den Projekten oder der eigenen Familie, wo der Nachwuchs beispielsweise den Begriff „paparieren“ eingeführt hat, der in einer anderen Familie wiederum eher als „mamarieren“ auftrat. Sie alle äußerten, welche Freude sie durch das handwerkliche, aber eben auch das gemeinsamen Tun gewinnen, und was sie darüber hinaus zum Selbermachen motiviert – wie beispielsweise das Reparieren wieder mehr ins Bewusstsein zu bringen, um Ressourcen zu schonen, oder sich durch Selbermachen von Konsum und Moden unabhängig zu machen.

 

Melanie Jäger-Erben, Leiterin des Forschungsverbundes, erläuterte den Teilnehmenden die Hintergründe und was sie im Workshops erwarten sollte: Um Antworten zu finden auf Fragen wie die anfangs genannten, erstellen die Mitwirkenden sogenannte „cultural probes“. Das Konzept dafür entstammt der Designforschung und dient dazu, den Umgang von Menschen mit Produkten zu erforschen und welche Emotionen die Produkte hervorrufen, indem sie genutzt werden – um letztlich zu verstehen, welchen Einfluss das Produktdesign auf den Nutzenden hat. „Repara/kul/turen“ will das Konzept nun für sozialwissenschaftliche Forschungsfragen zugänglich machen. Gemeinsam mit den BürgerwissenschaftlerInnen soll ein „Erzählkoffer“ entwickelt werden, der verschiedene Aufgaben und Anleitungen enthält, die die Probanden dazu bringen möchten, sich und ihr Verhältnis zum Tun oder zu den Gegenständen in neuem Licht zu betrachten und zu reflektieren, aber auch ihre Kreativität zu entdecken, sich bewusst in ein neugieriges Experimentieren zu begeben, das nicht ergebnisorientiert ist. Durch diese Art des Selbstbeforschens kann eine Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft geschlagen werden, wo in konventionellen Befragungs- und Erhebungsmethoden eher das Bild der Einbahnstraße zutreffend wäre.

Der Auftaktworkshop diente nun dazu, einige Elemente und Aufgaben des „Erzählkoffers“ unter die Lupe zu nehmen, sie auszuprobieren und sich dazu auszutauschen. Dazu gab es zwei Gruppen, eine unter dem Thema „Ich und meine Dinge/meine Werkzeuge“, die anderen zu „Wie erlebe ich meine Offene Werkstatt/ mein Reparatur-Café?“ Zunächst herrschte unter den Teilnehmenden Ratlosigkeit mit Blick auf die vor ihnen liegenden Papierstapel, Stifte und Materialien: Wie schreibt man nur eine Kontaktanzeige für etwas, das man selbst gemacht hat und das man nun aber loswerden möchte? Was ist überhaupt mein Lieblingswerkzeug? Gar nicht so einfach, das aus dem Gedächtnis zu malen… Welche Geschichte aus der Werkstatt kann ich überhaupt als Kurz- oder Bildergeschichte erzählen? Während ein Teil der Anwesenden wohl nicht ganz sicher war, wo er hier gelandet ist und was das ganze mit wissenschaftlicher Forschung zu tun haben soll, fingen andere sofort an loszuzeichnen oder zu schreiben, es wurde gelacht, persönliche Geschichten ausgetauscht und in der Runde mit allen dann die Einfälle begutachtet – immer wieder begleitet von einem „Oh, toll, SO kann man das also sehen/verstehen!“

 

Obwohl nicht alle Fragezeichen in den Gesichtern verschwanden, scheint die Neugier geweckt und es meldete sich eine Vielzahl der Teilnehmenden für die nächste Runde, die ausführliche Bearbeitung des eigenen „Erzählkoffers“, an. Denn vor allem herrschte Einigkeit, dass die Aufgaben Zeit erfordern, um nachzudenken und kreativ zu werden. Die „Erzählkoffer“ werden in den nächsten Wochen zusammengestellt und an die InteressentInnen geschickt, (voraussichtlich) den Juni über können die Aufgaben dann bearbeitet werden – und im September trifft sich die Gruppe zum weiteren Austausch im nächsten Workshop.

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